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Sozialkaufahuser fuer alle??

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 Insa
(@insa)
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Da ich nicht in Deutschland wohne, wuerde ich gerne wissen, ob man dort jeder kaufen kann oder nur , die jenige, die Sozialhilfe brauchen?

Ahoi!

Ich hab in den Kieler Nachrichten folgendes gelesen:

Boom der Sozialkaufhäuser

Kiel/Pinneberg – Rund 34.000 Menschen leben allein in Kiel von Hartz IV. Große Sprünge können sie damit nicht machen. Da werden selbst Anschaffungen wie Winterschuhe oder Socken zum Problem; und wenn der Kühlschrank kaputt geht, gleicht es einer Katastrophe. Wohl dem, der in dieser Situation ein Sozialkaufhaus in erreichbarer Nähe hat – eine Branche mit Hochkonjunktur in einer Zeit, in der immer mehr immer weniger in der Tasche haben. Auf den ersten Blick sieht das Geschäft wie einer dieser Gebrauchtmöbelmärkte aus: Die Sofagarnitur mit dem gelben Bezug, der an einer Stelle regelrecht platt gesessen ist.

Der kompakte Esstisch im Charme der 80er Jahre. Doch die Preisschilder lassen stutzen: 30, 40, 60 Euro – das ist selbst für Möbel aus zweiter Hand billig. Drinnen wächst die Verwunderung: ein Mantel für 4 Euro, T-Shirts für 50 Cents, Hosen für 1 Euro. Doch in diesem Schnäppchenmarkt darf nicht jeder kaufen: Sozialkaufhäuser wie in Pinneberg, Lauenburg oder Itzehoe verkaufen nur an jene, die nachweislich von Arbeitslosengeld II leben müssen. Und bedient werden sie dabei von Leidensgenossen, die ihr Arbeitslosengeld II mit einem Ein-Euro-Job im Sozialkaufhaus aufbessern.

Die Idee wird in Schleswig-Holstein schon seit 20 Jahren praktiziert. Damals eröffnete die AWO in Pinneberg ein Möbellager, in dem Arbeitslose Möbelspenden aufarbeiteten und an Mittellose weitergaben. 1996 entstand daraus das erste Sozialkaufhaus. "Zuerst war die Hemmschwelle recht groß, hereinzukommen und sich als Arbeitsloser erkennen zu geben", erzählt Wolfram Gambke, Projektleiter der BISA, einer 100prozentigen AWO-Tochter. Längst haben sich die Rahmenbedingungen geändert: Die Präsentation der Waren ist professioneller geworden. Und statt der ABM-Kräfte arbeiten hier jetzt Ein-Euro-Jobber, die aber nur ein halbes Jahr bleiben dürfen. Vor allem aber ist das Heer der Bedürftigen größer geworden. An den Schlangen vor den Kassen in den BISA-Kaufhäusern lässt es sich ablesen: "Seit Hartz IV wächst unser Kundenstamm stetig", sagt Gambke, "zum Glück ist auch die Spendenbereitschaft groß. Aber die Qualität der Spenden nimmt ab. Man merkt eben, dass auch die Spender heute Möbel, Kleider und Hausrat länger nutzen."

Während man bei den neun Sozialkaufhäusern im Land, die nach dem AWO-Konzept arbeiten, Wert darauf legt, dass die Kunden allein entscheiden, wie viel und was sie dort kaufen, geht man in Kiel erst einmal einen anderen Weg: In dem kürzlich eröffneten Laden "Obolus" in der City darf nur der einkaufen, der eine Bescheinigung vom Jobcenter vorlegt. Darauf ist vermerkt, was man benötigt. Steht dort etwa "Textilien", dann darf man sich bis zu zehn Teile im "Obolus" aussuchen – und muss sie natürlich selbst bezahlen.

"Ich habe im Moment kein Geld dafür, wollte mich aber schon einmal umsehen und etwas reservieren", erzählt ein 28-Jähriger. Ein Bekannter hat ihm vom "Obolus" erzählt. "Dann bin ich zum Jobcenter und habe mir diesen Schein für ein Fahrrad und einen Computer geben lassen." Dass er diese Dinge hier für fünf Euro bekommen kann, sei einfach klasse. "Dann bin ich mobil und kann endlich auch wieder Bewerbungen am PC schreiben."

Ohnehin sind Computer und Räder die Renner im Laden, indem es auch noch Kinderspielzeug und Kleidung gibt. "Wir suchen immer Computer, auch wenn sie nicht mehr ganz funktionieren. Die werden dann beim Jugendaufbauwerk repariert, das den Laden ja mit der Fortbildungsakademie der Wirtschaft betreibt", erzählen Sarah Filtz (20) und Sandy Agarius (18 ) , die beide als Ein-Euro-Jobber im Laden arbeiten. "Das macht Spaß, und wir hoffen natürlich, dass wir durch die Praxis hier bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben." Und ihre Kollegen Benjamin Andersen (29) und Thomas Müller (19) fügen hinzu: "Es ist anders hier als in anderen Geschäften, irgendwie persönlicher. Vielen Kunden ist ja klar, dass wir auch ALG-II-Leute sind und wissen wie man sich da fühlt."

"Obolus", Lerchenstraße 19a in Kiel, ist montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Wer PC, Räder, Kinderspielzeug oder Kleidung spenden möchte, kann unter Tel. 0431/71034020 einen Abhol-Termin vereinbaren.

Quelle: Kieler Nachrichten vom 27.10.2005 01:00

Insa

 
Veröffentlicht : 27/07/2007 7:15 pm
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